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Kleine Quellenkritik zu ÜG#1: Die Emigrant Road ins Goldland

Ich habe in der Podcast-Folge Der American Dream von General Sutter  (ÜG#1) erläutert, wie 1848 bei einer Mühle auf Johann August Sutters Kolonie Neu-Helvetien Gold gefunden wurde. Der Fund löste den ersten Goldrausch aus. Tausende Glücksritter strömten daraufhin nach Kalifornien, auf der Suche nach Gold und ihrer persönlichen Chance auf den American Dream. Für die Lebensräume der indigenen Gemeinschaften und deren Lebensweise hatten diese Menschenmassen gravierende Folgen. Mit welchen Erwartungen und Raumvorstellungen die Reisenden nach Westen aufbrachen veranschaulicht eine Karte, die T. H. Jefferson ein Jahr nach dem Goldfund auf Sutters Land, also 1849 veröffentlichte.

Die vierteilige Karte zeigt den Weg von Independence, Missouri im mittleren Westen über den "South Pass" der Rocky Mountains nach San Francisco im äussersten Westen von Kalifornien. Jefferson hatte, gemäss Hinweis auf der Karte, den Weg im Jahr 1846 selbst zurückgelegt. Auf der Karte verzeichnet sind alle Flüsse und Wasserquellen entlang des Weges. Zudem weist die Karte Tagesdistanzen und Streckenabschnitte aus, die Jefferson damals zurücklegte, sowie Weglager, die als Zwischenstopps genutzt wurden. Auffällig sind die Leerflächen, die den überwiegenden Teil der Karte ausfüllen. Sie verdeutlichen, wie unbekannt den Auswanderern das Land abseits der Emigrant Road war. An den Rändern des Weges, quasi als Schnittstellen in die Leerflächen, sind immer wieder die Namen von Indigenen Stämmen wie "Kaw Indians" oder "Pawnee Indians" erwähnt, oder zumindest Hinweise darauf, dass es sich um "Indian Territory", als Indianerland handle .

 

Der vierte und letzte Teil der Karte zeigt die Bay Area um San Francisco. Mit fetten, grossen Lettern ist die "Gold Region" ausgewiesen, also jene Region, in der das Gold gefunden wurde und die für viele Auswanderer dieser Zeit das erklärte Ziel gewesen sein dürfte. Unmittelbar neben dem Schriftzug ist "Fort Sutter" verzeichnet, das auch als Zwischenhalt und letzter Stopp vor San Francisco ausgewiesen ist. Auffallend ist auch ein im linken unteren Teil der Karte verzeichneter Hinweis auf "large herds of wild horses". Der Westen der USA bot also nicht nur Gold und die Verheissung auf Reichtum, die Karte suggeriert auch, dass diese Landstriche noch überwiegend weiss, also nicht kultiviert und erschlossen waren und zudem natürliche Ressourcen wie eben diese grossen Herden an Wildpferden boten. Jeffersons Karte zeigt eindrücklich, wie die Erzählung vom 'Winning of the West' mit Hilfe von Karten und Bildern mitkonstruiert und gefestigt wurde. Erst das Festschreiben dieser Erzählung in verschiedenen Medien ermöglichte es, Vorstellungen zu kreieren, die eine Landnahme, Unterwerfung und Versklavung der indigenen Gemeinschaften rechtfertigten und befeuerten.

Die Karten ist publiziert als Beilage in "Wenn Du absolut nach Amerika willst, so gehe in Gottesnamen!", Erinnerungen an den California Trail, John A. Sutter und den Goldrausch, 1846–1849, herausgegeben von Christa Landert, mit einem Vorwort von Leo Schelbert, Zürich 2010.

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